Abstammungs- und Sorgerecht aller Afghanen (außer Schiiten)
Die folgenden Bestimmungen finden grundsätzlich auf Afghanen aller Religionszugehörigkeiten Anwendung, mit Ausnahme schiitischer Muslime, die dem schiitischen Personalstatutsgesetz v. 2009 unterliegen.
Zivilgesetzbuch v. 1977 (ZGB)1
Kapitel 2: Personen
Teil 1: Natürliche Personen
Titel 10: Kindschaftsrecht
Untertitel 5: Die Vermögenssorge
Unterabschnitt 1: Die gesetzliche Vormundschaft (Art. 268–288)
Art. 268
(1) Die Vermögenssorge beschränkt geschäftsfähiger Kinder liegt in erster Linie beim Vater und in zweiter Linie beim Großvater väterlicherseits, sofern der Vater keinen Vormund (vasî) ernannt hat.
(2) In diesem Fall können sich der gesetzliche Vormund (valî) und der von ihm ernannte Vormund (vasî) der Verwaltung des Vermögens nicht ohne Erlaubnis des zuständigen Gerichts entziehen.
Art. 269
Der gesetzliche Vormund kann dann die Rechte aus der Vormundschaft ausüben, wenn er die volle Geschäftsfähigkeit hinsichtlich der Ausübung dieser Rechte über sein eigenes Vermögen besitzt.
Art. 270
Der Vormund kann zur Verwaltung und zur Betreuung des Vermögens der unter seiner Vormundschaft stehenden Personen Verfügungen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes treffen.
Art. 271
Wird einer nicht voll geschäftsfähigen Person ein Vermögenswert unentgeltlich unter der Bedingung übertragen, dass der genannte Vermögenswert nicht unter die Vormundschaft des Vormunds gestellt wird, gilt dieser Vermögenswert ausnahmsweise als der Vormundschaft des Vormunds entzogen.
Art. 272
Der Vormund kann das Vermögen der unter seiner Vormundschaft stehenden Personen nicht ohne Erlaubnis des zuständigen Gerichts anderen Personen unentgeltlich übertragen.
Art. 273
(1) Der Vormund kann ohne Erlaubnis des zuständigen Gerichts keine Verfügungen über die Immobilien der unter seiner Vormundschaft stehenden Personen treffen, die seinen eigenen Interessen, denen seiner Ehefrau oder seiner Verwandten bis zum vierten Grad dienen.
(2) Ebenso kann der Vormund keine Immobilien der unter seiner Vormundschaft stehenden Personen zur Sicherung seiner Schulden verpfänden.
Art. 274
Der Vater kann nicht ohne die Erlaubnis des zuständigen Gerichts über Immobilien, Firmen, Wertpapiere und Werturkunden der unter seiner Vormundschaft stehenden Personen, deren Wert zwanzigtausend Afghanis übersteigt, verfügen. In solchen Fällen lehnt das Gericht die Erteilung einer Erlaubnis ab, wenn die Rechtsgeschäfte des Vaters über das Vermögen der unter seiner Vormundschaft stehenden Personen zu einem Wertverlust oder einem Nachteil von mehr als einem Fünftel des Wertes des genannten Vermögens führen.
Art. 275
Hat der Erblasser hinsichtlich einer beschränkt geschäftsfähigen Person testamentarisch verfügt, dass deren gesetzlicher Vormund nicht über das geerbte Vermögen verfügen darf, kann der Vormund ohne Erlaubnis und Aufsicht des zuständigen Gerichts nicht über das genannte Vermögen verfügen.
Art. 276
Der gesetzliche Vormund kann ohne Erlaubnis des zuständigen Gerichts keine der folgenden Verfügungen über das Vermögen der unter seiner Vormundschaft stehenden Personen treffen:
- 1– ein Darlehen gewähren oder aufnehmen.
- 2 – ein Mietverhältnis begründen, das über die Volljährigkeit hinausgeht.
- 3 – ein Handelsgeschäft fortführen, das der beschränkt geschäftsfähigen Person gehört.
- 4 – Schenkungen oder letztwillige Verfügungen annehmen, die mit Verpflichtungen verbunden sind.
Art. 277
(1) Hat der Minderjährige das 16. Lebensjahr vollendet, kann der gesetzliche Vormund mit Erlaubnis des zuständigen Gerichts dem Minderjährigen einen Geldbetrag für Geschäftstätigkeiten zur Verfügung stellen.
(2) Die uneingeschränkte oder bedingte Erlaubnis, Geschäfte zu tätigen, erlischt nicht mit dem Tod oder der Entlassung des gesetzlichen Vormunds.
Art. 278
Die Verfügungen eines ermächtigten Minderjährigen, die er im Rahmen der Erlaubnis des zuständigen Gerichts tätigt, sind den Verfügungen einer volljährigen Person gleichgestellt.
Art. 279
Der Vater kann im Namen der Person, die unter seiner Vormundschaft steht, auf eigene oder fremde Rechnung einen Vertrag abschließen, es sei denn, das Gesetz bestimmt das Gegenteil.
Art. 280
Der Großvater kann ohne die Erlaubnis des zuständigen Gerichts mit dem Vermögen der Person, die unter seiner Vormundschaft steht, keine Verfügungen oder Vergleiche schließen, die ihm zum Nachteil gereichen oder auf Sicherheiten verzichten oder diese verringern.
Art. 281
Der gesetzliche Vormund hat innerhalb von zwei Monaten nach Beginn der Vormundschaft oder nach dem Zeitpunkt, zu dem die unter Vormundschaft stehende Person ein Vermögen erworben hat, ein vollständiges Verzeichnis ihres Vermögens zu erstellen und es der entsprechenden Abteilung des zuständigen Gerichts vorzulegen.
Art. 282
Der gesetzliche Vormund kann aus dem Vermögen der unter seiner Vormundschaft stehenden Person seinen Unterhalt oder den Unterhalt einer anderen Person bestreiten, sofern der Unterhalt nach dem Gesetz aus diesem Vermögen zu bestreiten ist.
Art. 283
Die gesetzliche Vormundschaft endet, sobald die unter Vormundschaft stehende Person das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, es sei denn, das zuständige Gericht ordnet aufgrund eines Entmündigungsgrundes die Fortführung der gesetzlichen Vormundschaft an.
Art. 284
Führen die missbräuchlichen Verfügungen des Vormunds zu einer Schädigung des Vermögens der unter Vormundschaft stehenden Person, kann das Gericht den gesetzlichen Vormund von der gesetzlichen Vormundschaft entbinden oder seine Befugnisse einschränken.
Art. 285
Wird der Vormund für verschollen erklärt oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt, ordnet das Gericht die Aussetzung seiner Vormundschaft an.
Art. 286
Wird die Vormundschaft des gesetzlichen Vormunds gemäß den Artikeln 284 und 285 dieses Gesetzes entzogen, eingeschränkt oder ausgesetzt, wird sie bei Beseitigung der entsprechenden Ursachen durch Beschluss des zuständigen Gerichts wiederhergestellt.
Art. 287
Der Vater haftet für Schäden, die durch seine grobe Fahrlässigkeit an dem Vermögen der Person, die unter seiner Vormundschaft steht, entstehen. Die Verantwortung des Großvaters entspricht der des ernannten Vormunds.
Art. 288
Der gesetzliche Vormund oder seine Erben haben der unter Vormundschaft stehenden Person ihr Vermögen zu übergeben, sobald diese die Volljährigkeit erreicht. Haben sie über das Vermögen verfügt, müssen sie dessen Tageswert erstatten.
1 Zivilgesetzbuch [qânûn-e madanî], Gesetzblatt Nr. 353 v. 5.1.1977, idF der Änderungsgesetze.