Abstammungs- und Sorgerecht aller Afghanen (außer Schiiten)
Die folgenden Bestimmungen finden grundsätzlich auf Afghanen aller Religionszugehörigkeiten Anwendung, mit Ausnahme schiitischer Muslime, die dem schiitischen Personalstatutsgesetz v. 2009 unterliegen.
Zivilgesetzbuch v. 1977 (ZGB)1
Kapitel 2: Personen
Teil 1: Natürliche Personen
Titel 10: Kindschaftsrecht
Untertitel 1: Die Abstammung (Art. 217–228)
Unterabschnitt 1: Feststellung der Abstammung in der wirksamen Ehe (Art. 217–219)
Art. 217
Die Mindestdauer der Schwangerschaft beträgt sechs Monate und die Höchstdauer ein Jahr.
Art. 218
Das Kind der Ehefrau, das in eine gültige Ehe geboren wird, gilt als von ihrem Ehemann abstammend, vorausgesetzt die Mindestdauer der Schwangerschaft lag innerhalb der Ehe hat in der Ehe stattgefunden und der Vollzug der Ehe bzw. das ungestörte Alleinsein sind nachgewiesen.
Art. 219
Gebiert die Ehefrau weniger als sechs Monate nach der Eheschließung ein Kind, gilt es nicht als von ihrem Ehemann abstammend, es sei denn, der Ehemann erkennt an, dass seine Vaterschaft auf andere Weise als durch Ehebruch begründet wurde.
Art. 220
Gebiert eine Frau, deren Wartezeit nach der Verstoßungsscheidung oder dem Tod des Ehemannes abgeschlossen ist, mehr als ein Jahr nach der Verstoßungsscheidung oder dem Tod des Ehemannes ein Kind, ist ein Rechtsstreit über die Abstammung unzulässig, es sei denn, der Ehemann erkennt bei der Verstoßungsscheidung oder seine Erben im Falle seines Todes die Abstammung des Kindes an.
Art. 221
Erklärt die Geschiedene oder die Witwe, dass ihre Wartezeit abgelaufen ist, gilt ein Kind als von ihrem Ehemann abstammend, wenn dieses innerhalb von sechs Monaten nach der Erklärung der Mutter oder innerhalb eines Jahres nach ihrer Verstoßungsscheidung oder dem Tod des Ehemannes geboren wurde.
Art. 222
(1) In einer fehlerhaften Ehe gilt das Kind der Ehefrau als vom Ehemann abstammend, wenn es mindestens sechs Monate nach dem Geschlechtsverkehr geboren wird.
(2) Bei Trennung (motâreke) oder gerichtlicher Scheidung gilt das Kind als vom Ehemann abstammend, wenn es innerhalb eines Jahres geboren wurde.
Art. 223
Ist die Abstammung nachgewiesen, sei es in einer fehlerhaften Ehe oder bei irrtümlichem Beischlaf, gelten alle Rechtsfolgen der Verwandtschaft, wie der Unterhalt, das Erbrecht, die Eheverbote und dergleichen entsprechend.
Unterabschnitt 4: Anerkenntnis der Abstammung (Art. 224–228)
Art. 224
Die Abstammung durch ein Anerkenntnis der Vaterschaft wird – auch im Zeitpunkt einer zum Tode führenden Krankheit – unter den folgenden Voraussetzungen festgestellt:
- 1 – Der Anerkennende hat ein Alter erreicht, in dem das anzuerkennende Kind von ihm abstammen könnte.
- 2 – Die Abstammung des anzuerkennenden Kindes ist unbekannt.
- 3 – Das anzuerkennende unterscheidungsfähige Kind bestätigt das Anerkenntnis.
Art. 225
Die Abstammung kann durch ein Anerkenntnis der Ehefrau oder der sich in der Wartezeit befindlichen Frau festgestellt werden, sofern der Ehemann ihr Anerkenntnis bestätigt oder sie stichhaltige Beweise vorlegt.
Art. 226
Die Abstammung einer Person mit unbekannter Abstammung, die behauptet, dass jemand ihr Vater oder ihre Mutter ist, wird unter den folgenden Voraussetzungen festgestellt:
- 1 – Die anerkennende Person ist in einem Alter, in dem sie das Kind der jeweils anzuerkennenden Person sein könnte.
- 2 – Die anzuerkennende Person bestätigt das Anerkenntnis. In diesem Fall entsteht ein vollständiges Eltern-Kind-Verhältnis.
Art. 227
Das Anerkenntnis der Verwandtschaft zu einer anderen Person, außer der Kind-, Vater- oder Mutterschaft, hat keine Wirkungen, es sei denn, es wird bestätigt.
Art. 228
Die Adoption einer Person, deren Abstammung bekannt ist, entfaltet keine Wirkungen, die sich aus der Feststellung der Abstammung ergeben, wie z.B. der Unterhalt, die Vergütung für die Ausübung der Personensorge, das Erbrecht und die Eheverbote wegen Schwägerschaft und mit Geschiedenen.
1 Zivilgesetzbuch [qânûn-e madanî], Gesetzblatt Nr. 353 v. 5.1.1977, idF der Änderungsgesetze.